Architektur im Kopf

von Matthias Walther

Diese heute gänzlich unvollendete Kirche wäre bei ihrer Fertigstellung einer der bedeutendsten Kirchen Europas geworden, eine Art gotischer St. Peter. Ähnlich dem Dom in Florenz war eine riesige Basilika geplant, die jedoch nicht in einen zentralisierenden Kernbau mit hoher Kuppel übergehen sollte, wie in Florenz, sondern ein besonders breit angelegtes Querhaus bekommen hätte, über dem sich im Schnittbereich mit dem Langhaus, der Vierung eine große Kuppel erhoben hätte.

Die ersten Projekte gehen von einer Vierungskuppel der Breite des Mittelschiffs aus, die von vier hohen Türmen an den Querhauszwickeln flankiert werden. Dargestellt wird von mir auch das zweite größere Variante ausgehend vom Holzmodell Ariguzzis, in der sich die nun äußerlich auf 40 Meter breite gesteigerte Kuppel über der Breite aller drei Schiffe erhoben hätte und in ihrer ebenso gesteigerten Höhe fast 112 Meter Höhe erreichen sollte. Die Türme wären dabei von der Mitte des ersten Projektes an die Querhausfassaden gewandert. In einem Plan wird sogar das Mittelschiff des Langhauses erhöht und mit einer abermals gesteigerten aufgesteilten Kuppel von über 124 Metern versehen.

Alternativ soll zuletzt noch eine Perspektive aus der Höhe von einem letzten Plan gezeigt werden: Das Projekt Peruzzis. Er sah die Umwandlung des gotischen Gebäudes zu einem Renaissancebau vor, indem er den Grundriss straffte und, vergleichbar mit Florenz oder später auch Michelangelos St. Peter, auf ein breites Querhaus verzichtete und dafür einen zentralisierenden, von mehrgeschossigen Apsiden umgebenen Vierungsbereich ausformte, über dem sich eine dem Pantheon ähnliche Monumentalkuppel erheben sollte. Eigenartigerweise sah ausgerechnet dieser als einziger an St. Petronio tätiger Architekt eine von gotischen Türmen flankierte absolut gotische Fassade in der Maniera Tedesca vor, die in die Zeichnung mit einbezogen wurde.

Auch wenn dieser Bau etwas uneinheitlicher wirkt und gegenüber den Domen von Florenz und dem bereits fast vollendeten St. Petersdom in Rom keine wirklich neue Idee darstellt, wäre er mitsamt seiner bedeutenden Wirkung im Stadtbild Bolognas trotzdem mehr geworden als der drittgrößte Kuppelbau Italiens.
Vollendet wurden von dieser Kirche lediglich die ersten, weit gespannten Joche des Langhauses sowie ein unfertiger Glockenturm nahe dem nicht mehr begonnenen Vierungsbereich.

Ausgehend von diesem Torso wird von mir zur Ausführung die frühe Variante mit kleinerer Vierungskuppel, den vier Flankentürmen und einem deutlich verkürzten Querhaus mit nur mehr fünf Jochen vorgeschlagen.