Architektur im Kopf

von Matthias Walther

Das recht kleine Land ist durch sein koloniales Geschick überaus reich an Baukultur von höchstem Rang. Insbesondere die großen Klöster, gleichsam Denkmäler des Entdecker- wie Missionsdrang in der Neuen Welt zeugen von Einmaligkeit in Größe und Reichtum der Formen und Ideen.

Bathala in Mittelportugal gilt als nationales Denkmal der großen Schlacht gegen das kastilische Heer um 1385. Das Bettelordenskloster ist alles andere als bescheiden errichtet. Einzigartig sind die beiden Grabkapellen. Die König Johann und dessen Frau gewidmete Gründerkapelle ist ein achteckiger Zentralbau  mit reichem Sterngewölbe in direkter Nachbarschaft zur mächtigen Basilika. Höhepunkt der Anlage sollte allerdings der oktogonale weit größere Kapellenbau hinter dem Hauptchor werden, der allerdings unvollendet und nach oben offen blieb. Geplant war der gewaltige östliche Zentralbau, der dem Vorbild der Grabeskirche in Jerusalem folgt mit unübertroffenem bauplastischen Schmuck. Abgeschlossen werden sollte der Kuppelbau mit einer gewölbten Steinrippenkuppel, die von den acht schlanken ebenfalls überkuppelten Türmen flankiert werden sollte. Alles blieb auf halber Höhe liegen, das innere Sterngewölbe gänzlich unausgeführt.

Es war ein noch ehrgeizigeres Projekt, dass Bathalas Vollendung verhinderte: Der ambitionierte Neubau des Hyronemitenlosters Belem direkt bei Lissabon gegenüber dem bekannten Torre de Belem. Der 1502 durch König Manuel begonnene manuelinische Bau mit reichster Plastik besticht vor allem durch den doppelgeschossigen Kreuzgang. Der westliche neugotische Anbau sollte laut Planung des 19. Jahrhunderts einen etwa 80 Meter hohen Turm erhalten, der aber unvollendet blieb. Er wäre als Denkmal von Portugals Entdecker- und Eroberungsdrang ein Monument portugiesischer Seefahrt geworden, eine leuchtturmartige Landmarke weit vor der eigentlichen Hauptstadt, dessen höchstes Bauwerk er sogar geworden wäre.