Architektur im Kopf

von Matthias Walther

Auch eine so oft gelobte Kunststadt wie Dresden ist nicht ganz frei davon, vermeintlich schlechtere Projekte an Stelle genialer oder zumindest weit besserer Ideen ausgeführt zu haben.

Insbesondere das Projekt zum Zwingerforum und der Anschluss an den Theaterplatz zur Elbe hin, werden hier durchgreifend korrigiert. Der Zwinger könnte im ersten Idealplan statt des Semper Galeriebaus ein barockes westliches Pendant zum östlichen Kronentor bekommen. Ein mit Wasserkaskaden reich geschmückter großartiger Brunnenturm fungiert mit der barocken Galerie als westlicher Abschluss und Verbindungstor zum Semperschen Theaterplatz. Dieser nun ganz einheitliche Zwingerabschluss lässt durch seine tiefere Bauform schöne Aus- und Einblicke aus dem Hof dieser Festarchitektur auf die Hofkirche und das Residenzschloss aber ebenso auf das erste Dresdener Theater, das später abgebrannt war. Das neue Museum Gottfried Sempers ist ganz nach seiner eigenen Vorliebe als großzügiger Monumentalbau mit Kuppel auf die Stallwiese in der Dresdener Neustadt ausgeführt; es bleibt beim Idealplan, ein Gedankenausflug in die Sphären jener Architektur die leider nicht gebaut war, es hätte eine weitaus großzügigere Stadtplatzabfolge ergeben als nun mit dem eher trennenden als vermittelnden Galeriebau am Zwinger.

Dennoch könnte auch die ausgeführte Planung verbessert werden: Das völlig unpassende Schauspielhaus, das die Wirkung des Kronentors beeinträchtigt, wird ganz wo anders, etwa am Ring errichtet, des Weiteren wird der Sempersche Galeriebau beibehalten und mit einer reizvollen Kuppel mit Kegeldach bereichert. Der Theaterplatz wird zur Elbe hin offen gelassen ohne Italienisches Dörfchen und erhält stattdessen eine großzügige Treppenanlage hin zum Elbestrom.
In Anlehnung an die Ideen barocker Planungen könnte diese Freitreppe angelegt werden mit halbrunden Exedren und sich konvex öffnenden Treppen. Die gewünschten Ausblicke auf das gegenüberliegende Elbufer sind äußerst einladend. Nicht zuletzt das Blockhaus, eines der genialsten Denkmäler des Barock könnte die vorgesehene Dachpyramide und den darüber angebrachten Obelisken erhalten und erst somit zu einem echten Blickfang der Neustadt auf der einen Seite werden sowie seine Wirkung im gesamtem Elbblick voll entfalten.

In Fortsetzung zu Planungen der zwanziger und dreißiger Jahre könnte westlich des Theaterplatzforums –an Stelle des Speicher- und Packhofreviers- ein großangelegtes Museumsufer entlang der Dresdener Zwingerseite entstehen. Wilhelm Kreis, der gleich mehrere Ausstellungsbauten umfasst lässt auch eine virtuelle Achse zum Garten des Japanischen Palais entstehen. Dort in jenem barocken Gartenkleinod entsteht- dies sei beiläufig erwähnt, am westlichen Gartenparterre der mächtige Neptunbrunnen neu. Er wurde aus dem Brühl Marcollini Gärten hierher transloziert.

Präsentiert wird auch der Plan einer neuen Kirche als Zentralbau in barocken Formen, die unter anderem einen Ersatzbau des Kirchenschiffs der Dreikönigskirche in der Neustadt darstellen könnte. Das Motiv eines Kirchenbaus mit Turm und hoher Kuppel ist in Dresden etwas Neues. Die alte Saalkirche wird als kreuzförmiger Zentralbau mit vier Treppentürmen ausgebildet, die von einer hohen Tambourkuppel überhöht werden. Die Baulinien an den angrenzenden schmalen Gassen der Dreikönigskirche würden hierfür um eine gute Hausbreite zurückgelegt werden müssen. Die Fernwirkung dieser Kuppel ist vom Theaterplatz und der Augustusbrücke gut wahrnehmbar.

Ein weiterer Vorstoß zu einer alternativen Planung für die Garnisonkirche in der äußeren Neustadt liegt ebenso vor. Der angedachte Bau hätte mit zwei Kuppeln und Türmen einen eindrucksvollen Abschluss der gesamten Neustadt ergeben und der Traditionslinie Dresdener Neubarockkirchen fortgesetzt.

Der Rathausvorplatz am Ring sollte eine schöne Brunnenanlage erhalten. Gegenüber dem Platz leicht abgesenkt und mit Treppen versehen öffnet sich dieser Schmuckplatz gegenüber der Hauptfront des Neuen Rathauses mit seinem 100 Meter hohen Turm. Am Ring ließen sich weitere kleine Korrekturen durchführen, etwa der bereits erwähnte Bau des Schauspielhauses dort. Ein monumentaler Stadthausbau von Hans Poelzig könnte entstehen als abgetreppter stufenförmiger schwungvoller Hochhausbau; er bildet eine moderne Stadtkrone am vernachlässigten Johannesring und wäre ein Gegengewicht zu den großen Baumassen des unweit entstandenen Neuen Rathauses.