Architektur im Kopf

von Matthias Walther

Potsdam

Einer der artifiziellsten Orte Europas ist die Stadt Potsdam, Garnisonstadt und zweiter Sitz des preußischen Königs einerseits, aber ebenso Sehnsuchtsort nach dem Süden und nach großstädtischer Baukunst ebenso wie schöpferische Melange sämtlicher europäischer Baustile. Das Schöne an Potsdam ist dabei die Sehnsucht nach dem Schönen an sich. Eine einzigartige Symbiose aus Wasser in Form der Brandenburgischen Seen, Stadt in Form Potsdams selbst und überall grandios die Landschaft überhöhende Zierarchitektur.
Daher ist die Planungstätigkeit dieser insbesondere seit König Wilhelm IV. sehr konzeptuell angelegten Stadt und Parklandschaft absolut überwältigend, wobei hierbei nur einige bereichernde Projekte mit eingearbeitet werden.
Dies betrifft vorerst die barocke Heilig-Geist Kirche, die, wie intensiv geplant, durch einen romantischen Neubau ersetzt werden sollte. Der aufgezeigt Plan geht nicht ganz so weit; es ist beabsichtigt den schönen Turm zu erhalten und dessen einfaches Kirchenschiff durch einen zentralen Kuppelbau zu ersetzen, der sich stilistisch nah an den Turm anlehnt. Eine mögliche Bebauung des sogenannten Brauhausberges sollte anhand einer von Friedrich Wilhelm IV. persönlich verfassten Idee eines Klosterkomplexes ausgeführt werden.
Interessenhalber seien noch ein Plan zum Ausbau der Garnisonkirche in Potsdam gezeigt. Abschließend werden auch zwei Bauten in Brandenburg mit angeführt, die für die frühere Geschichte Preußens von Bedeutung sind:

St. Marien in Brandenburg an der Havel

Eine der interessantesten und eigenwilligsten Wallfahrtskirchen der europäischen Romanik war zweifellos die Marienkirche in Brandenburg, die sich etwas außerhalb auf dem Harlunger Berg befand. Sie entstand zwischen 1136 und 1222. Es handelte sich um die ungewöhnliche Bauform eines kreuzförmigen Zentralbaus mit vier Ecktürmen und spätgotischem Ovalchor im Osten. Die nur je ein Joch tiefen Mittelschiffe, die sich dem zentralen, kuppelüberwölbten Vierungsraum anschlossen, gingen in halbkreisförmige Apsiden über. Die Seitenschiffe gliederten sich in ein unteres Geschoss sowie ein oberes Emporengeschoss. Die Seitenschiffe waren zugleich Unterbauten für die vier hohen Ecktürme, über denen sich in dieser zeichnerischen Interpretation hohe Spitzhelme erheben. Die Vierungskuppel ist mit einer flachen Kuppelschale überwölbt. Es mischen sich in exzentrischer Weise rheinische und byzantinische Formen mit der Werkstruktur und reichen Ausgestaltung Branden-burgischer Backsteinarchitektur der Romanik im Übergang zur Gotik. In diesem Entwurf wurde auch die ovale Chorkapelle, vielleicht nach der Vorlage der Kölner Kirche St. Gereon entstanden, mit einem hohen Spitzdach versehen. Der Bauschmuck wurde um einige Details bereichert, die dem Repertoire brandenburgischer Baukunst jener Epoche entsprechen.
Eine zweite Variante des Bauwerks besitzt keine hohen Bleidächer, sondern niedrigere steinerne Helme mit Maßwerk. Das Dach über der Kuppel ist hier mit Ziegeldeckung in abgeflachter Kuppelform ausgeführt.
Um 1721 wurde die reizvolle Kirche aufgrund von Baufälligkeit leider abgebrochen, da die Wallfahrt seit Beginn der Reformation arg nachgelassen hatte.

Prenzlau, Marienkirche

Die mächtige gotische Hallenkirche zeichnet sich insbesondere durch ihre filigrane Ostfassade, einem Backsteinbau mit feinster Gliederung, aus. Die quadratischen Türme blieben unvollendet und wirken durch ihre massigen einfachen Formen sehr markant. Erst ein origineller in ein Oktogon übergehender Aufbau mit steinverkleideten Helmen lässt die Türme in Beziehung zur Ostseite treten, so wie dies vom Erbauer durchaus gewünscht war. Der somit kompakt wirkende, aber in feiner Zierarchitektur der Fassade und Türme aufgelöster Bau wäre ein Kleinod Brandenburgischer mittelalterlicher Baukunst.